Truck Stop in Berlin – ein gelungener Tourstart mit kleinen Stolpersteinen

Am Donnerstag, d. 8. Mai 2025, konnte man in Berlin gleich 2 große Dinge geniessen: Zum einen gab es anlässlich des 80-jährigen Jubiläums der Befreiung vom Nationalsozialismus einmalig einen Feiertag, zum anderen zelebrierten Truck Stop im Reinickendorfer Fontane-Haus den Tourstart zum aktuellen Album “Freiheit pur”. Und irgendwie merkte zumindest ich, dass dieses mal eine knisternde Spannung in der Luft lag.

Der im Fontane-Haus gelegene American Western Saloon platzte förmlich aus allen Nähten. Nicht nur, weil der Donnerstag für die lokalen Line Dancer immer ein mega-gut besuchter Tag ist, sondern auch weil viele Konzert-Besucher ebenfalls auf einen Drink oder Burger einkehrten und auch einige Wochenend-Stammgäste aufgrund des Feiertags vorbeikamen.

Auch rund um das Truck Stop Team war alles ein wenig anders als sonst. Der Soundcheck dauerte dieses mal wesentlich länger als üblich, anschliessend musste noch ein Interview absolviert werden, dann noch schnell etwas essen im American Western Saloon, und als Knut seinem Steel-Guitar-Arbeitsplatz noch den letzten Schliff verpassen wollte, hatte der Einlass schon begonnen. Wegen eines technischen Problems am Fontane-Haus-Lichtpult verzögerte sich der für 20 Uhr geplante Konzertbeginn dann auch noch um ca. 3 Minuten.

Aber dann ging es endlich los. Wie immer zu Beginn einer Truck-Stop-Show tönte die Stimme des Musikers Aurel aus Hamburg, einem guten Freund der Band und bekannten Werbesprecher, durch den Saal und kündigte die 6 Cowboys der Nation an, die auch genau mit diesem Titel in die Tour-Premiere starteten. Und dann fiel Knut Bewersdorff auch schon ein kleiner Fauxpas am Bühnenbild auf, denn natürlich zierte der berühmte Truck-Stop-Schriftzug die Bühnenrückwand, aber das “Freiheit pur”-Banner zum gerade erst erschienenen Album lag offensichtlich noch im Bandbus. Doch das sollte einem tollen Konzert keinen Abbruch tun. Dieser Abend diente nicht nur dazu, einige der neuen Titel aus der aktuellen CD vorzustellen, sondern er bot auch in mehrfacher Hinsicht eine Zeitreise in frühere Alben der Band – mit Songs, die bisher noch nie live von Truck Stop gespielt wurden.

Im ersten Set gab es gleich mehrere der brandneuen Lieder erstmals live zu hören – natürlich den Album-Titelsong sowie “Countryherz”, “Honky Tonk”, “Was besonderes”, “Manolito” und “Kentucky”. Und Uwe Frenzel (mit “Freitags hab’ ich keine Freunde”) und Tim Reese (mit “Frag’ doch einfach Deine Nachbarn”) stellten sich mit Titeln aus “Freiheit pur” am Lead-Gesang und Songwriting vor. Der Tim-Reese-Song bot auch ein weiteres Novum – es ist der erste Western Swing von Truck Stop. Übrigens hat auch Johannes Strate, der Sänger der Band “Revolverheld”, Songs zum neuen Truck-Stop-Album beigesteuert.

Das zweite Set stand ganz unter dem Motto “damals war’s”. Es wurden einige noch nie live gespielte Songs aus alten Truck-Stop-CD’s ausgegraben (z.B. “Wo ist das Feuer” aus dem Album “Gegen den Wind” von 1996) und – nachdem dies bei den letzten Tourneen nicht nur bei den Fans gut angekommen war, sondern technisch auch gut funktioniert hatte – auch die unvergessenen Bandmitglieder Lucius und Cisco waren mit ihren Stimmen wieder bei der aktuellen Band-Besetzung on tour dabei. Von den Lucius-Songs fiel die Wahl der Bandkollegen auf “All das mag ich”, das wohl auch bei Lucius’ Beisetzung gespielt worden war, und Cisco’s Stimme erklang bei “Wenn es Nacht wird in Old Tuscon”.

Auch die Fans des Solo-Gesangs von Schlagzeuger Teddy Ibing, der selbst seine Gesangskünste scherzhaft immer als “reine Körperbeherrschung” bezeichnet, kommen bei dem schon fast legendären “Gelbe Säcke, Blauer Enger, Grüner Punkt” wieder auf ihre Kosten. An diesem Abend machte Teddy’s fast immer eingebaute Slapstick-Einlage, bei der er den Hut als imaginären Weihwasser-Topf in die Hand nimmt und sein Mikro als Aspergill (den Weihwasser-Sprenger) schwingt, wegen der gerade erfolgten Papst-Wahl so richtig Sinn. Somit baute er dann auch noch “Habemus Papam” an diese Stelle ein. Während Teddy’s Gesangs-Einsatz sitzt übrigens Multi-Instrumentalist Tim Reese am Schlagzeug, der auch sonst den ganzen Abend über zwischen Geige, Akustik-Gitarre und Mandoline wechselte.

Zugegeben, es klappten noch nicht alle Einsätze perfekt, aber das tat einem gelungenen Abend keinen Abbruch, zumal diese winzigen Ausrutscher auch gekonnt von Knut Bewersdorff weg-moderiert wurden, der zum Großteil durch das Programm führte. Denn obendrein war Andreas “Cisi” Ciseks Stimme leicht angegriffen. Hier und da musste er zwischendurch immer mal wieder ein wenig hüsteln, hatte aber seine vielen Gesangsparts immer perfekt im Griff. Leider war auch Gitarrist David Rick gesundheitlich etwas angeschlagen. Ohnehin ein eher ruhiger Mensch, war David an diesem Donnerstag noch zurückhaltender als sonst auf der Bühne, steuerte jedoch seine vielschichtigen Riffs und Solis stets in gewohnter Qualität bei. Nur bei der Autogrammstunde nach Konzert-Ende war David aus genau diesem Grund nicht dabei.

Der ganze Abend wurde übrigens von einem TV-Team begleitet, meines Wissens von der Sendung “Brisant” bei der ARD. Bei den Zugaben stieg der Kameramann dann sogar mit auf die Bühne. Ich empfehle hierfür, die Facebook-Seite von Truck Stop zu verfolgen, um herauszufinden, wann diese Aufnahmen gesendet werden.

Der Premieren-Abend der “Freiheit pur”-Tour von Truck Stop schloss zunächst  mit “Der wilde wilde Westen” und “Hillybilly Country Lilly” ab, bevor er mit den Zugaben “Tanz mit mir” und “Yeehaw” endete.

Mein persönliches Fazit: Truck Stop können nach 52 Jahren Band-Bestehen immer noch bestens unterhalten, egal mit welcher Besetzung. Und dass hier und da beim neuen Programm noch nicht alles 100%ig perfekt “saß” zeigt lediglich, dass die 6 Cowboys der Nation bei aller Routine und allen Entertainment-Qualitäten eines geblieben sind: Menschlich.