Auf den ersten Blick hat das was uns der Oberfranke Wolfgang Kalb am 11.11.2022 in Kammerstein bei Schwabach präsentierte, mit Country wenig zu tun. Dennoch wollen wir ihn hier einmal erwähnen, weil die Verbindung zu der Musik, die wir so lieben, doch enger ist, als man denken mag. Ein Mann, eine Mundharmonika und seine akustische Martin-Gitarre, das ergibt ehrliche, handgemachte Musik, die wohl jeder zu schätzen weiß. Er ist spezialisiert auf akustischen Country-Blues, so wie er in den 20er Jahren am Mississippi entstanden ist. Ursprünglich war das eine durchaus tanzbare Musik mit fetzigen Rhythmen, wie sie in Honkytonks und Tanzsälen gespielt wurde. Die traurige und schwermütige Note kam erst später.
Und schließlich haben die alten Meister damals schon Spieltechniken entwickelt, ohne die Country Music nicht entstanden wäre. Ein Beispiel demonstrierte uns Wolfgang dabei: Mississippi John Hurt hat damals jene Technik entwickelt, mit dem Daumen einen Wechselbass und mit den Fingern Harmonien und Melodien zu spielen. Eben dieser Wechselbass klingt exakt so, wie das was wir aus der typischen Musik von Johnny Cash kennen.
Auch bei den Instrumenten wird die Verbindung schnell klar: Wolfgang spielt auch eine National Steel mit Metallkorpus, wie sie in ähnlicher Form seinerzeit von den Dopyera Brothers gebaut wurde. Die Gitarristen in den Bands beklagten sich damals, dass ihre Instrumente zu leise seien. Darum konstruierten diese aus der Slowakei in die USA ausgewanderten Instrumentenbauer solche Instrumente aus Metall, mit zusätzlichen Resonatoren ausgestattet, die deutlich lauter waren. E-Gitarren gab es ja damals noch nicht. Daneben spielt Wolfgang aber auch eine in Tschechien gebaute Amy-Star-Gitarre, ebenfalls aus Metall. Den herrlichen Klang dieser Instrumente kann man eigentlich nicht beschreiben, man muss ihn live erlebt haben. Vor allem aber braucht es dafür einen Musiker, der für diese Musik lebt, der sich die Spielweise in vielen Jahren erarbeitet hat. Mit Bottleneck- und Fingerpicking-Technik klingen Gitarre und Mundharmonika beinahe wie eine ganze Band. Eine Weiterentwicklung der damaligen Stahlgitarren ist ja bekanntlich die aus Holz gebaute Dobro mit metallenem Resonator, wie sie bei Country, vor allem aber im Bluegrass Verwendung findet. Die hat keine Stege mehr auf dem Hals und wird ausschließlich mit einem Bottleneck gespielt. Sie hat ihren Namen natürlich von den Dopyera Brothers.
Das Repertoire wird keinen Moment langweilig, weil Wolfgang neben Blues auch schwungvolle Ragtime-Stücke aus den 20er Jahren und auch etwas Gospel einfließen lässt. Noch eine Gemeinsamkeit gibt es zur Country Music: Es sind die Texte, die bisweilen von Fernweh und sehr oft von Eisenbahnen handeln. Solche Train-Songs kennen wir ja unter anderem von Boxcar Willie, aber auch von Klassikern wie dem „Orange Blossom Special“. Die Verbindung reicht ansonsten auch zu Bob Dylan, der in seiner Anfangszeit schon mal auf Blues-Stücke, wie den „Milkcow´s Calf Blues“ zurückgegriffen hat.
Auch dieser Abend in Uschi Heubeck´s Atelier Kunstraum fand komplett ‚unplugged’, also ohne Verstärker und Mikro statt. Die anwesenden 20 Gäste (mehr finden da gar nicht Platz) haben den Abend sichtlich genossen. Ohne Zugabe, in diesem Fall dem Folk-Klassiker „Saint James Infirmary“ durfte Wolfgang Kalb nicht in seine Heimat Hirschaid zurück fahren.