Women in early Country Music – ROBA STANLEY

Roba Stanley
08.02.1911 (oder doch 1910?) – 08.06.1986

Die Angaben zu ihrem Geburtstag sind unterschiedlich, aber daß sie die Erste Country Sängerin und ~ Musikerin war, die eine Schallplatte aufnahm, steht inzwischen unwiderruflich fest!
Das war am 26. August 1924, gerade mal ein Jahr, nachdem der berühmte Fiddler John Carson die erste Country-Schallplatte aufgenommen hatte und noch drei Jahre bevor die Carter-Family und neun Jahre bevor Patsy Montana ihre Aufnahmen machte!
Aber ihre Karriere dauerte nicht lange – nur etwa neun oder zehn Monate. Im Herbst 1925 lernte sie einen jungen Mann kennen und heiratete vollkommen überraschend. Dieser Mann stammte aus Florida und das junge Paar zog dorthin und der Name Roba Stanley verschwand aus der jungen Geschichte der jungen Country Music.
Aber zurück zum Anfang, wie Alles begann:
Roba begann bereits als Kind auf der Gitarre ihres Bruders zu spielen und sie sang dazu. Sie hatte eine schöne, tiefe Altstimme und als sie älter wurde, trat sie zusammen mit der Band ihres Vaters, Rob Stanley auf. Das Trio, um ein solches handelte es sich, bestand aus R.M.‘Rob‘ Stanley, einem in der Region bekannten Fiddler, der 1920
die Georgia State Fiddling Championship gewann, und dem befreundeten Musiker William „Bill“ Patterson (2.Gitarre und Mundharmonika) und Roba. Sie traten gemeinsam bei regionalen Barn-Dance Veranstaltungen auf. Bei einem ihrer Auftritte hörte sie
der Möbelgeschäft-Inhaber Polk Brockman. Er hatte Kontakte zu OKEH Records. [Dazu muß ich anmerken, daß die ersten Schallplatten- Abspielgeräte in Musikschränken eingebaut waren und daher die ersten Schallplatten in Möbelgeschäften verkauft wurden.]
Dieser Polk Brockman brachte sie zum Vorspielen nach Atlanta.
Dort war man sehr angetan von dem Trio und nahm die ersten Schallplatten mit ihnen auf. Damals gab es noch nicht die elektrischen Kondensator-Mikrophone (die kamen etwa drei Jahre später).
Die Musiker mußten also noch in dieses große Trichterähnliche Gebilde des Aufnahmegerätes singen.
Obwohl es sich in ihrem Repertoire um alte bekannte ‘Folksongs‘ handelte, die teilweise aus Irland oder Europa stammten, hatte Roba immer schon einige Strophen selber dazu geschrieben.
Die ersten zwei Aufnahmen bestanden aus dem etwas sentimentalem ‘Nelly Gray‘ und dem bekanntem Comic-Song ‘Whoa Mule‘. Der Aufnahme-Techniker Ralph Peer, der später auch die Aufnahmen mit der Carter-Family und Jimmie Rodgers machte, fragte Roba, ob sie selber nicht zwei Songs aufnehmen könne und das waren dann die Songs, die die erste Schallplatte einer Country-Sängerin werden sollte. Die Titel waren ‘Devilish Mary‘ – eine alte Ballade aus Irland (‘The Wearing of the Britches‘ war der Original Titel) und ‘Mister Chicken‘, ein alter ‘Vaudeville‘ Song. Die Platte mit der OKEH-Nummer 40213 wurde im Januar 1925 veröffentlicht und als Interpreten waren Roba Stanley & William Patterson genannt.
Diese Platte sollte sich gut verkaufen, machten Roba und ihr Vater doch auch für sich Reklame über den Radio-Sender WSB Atlanta, wo sie seit 1924 auftraten. Aber noch bevor das der Fall war, hatte Okeh´s A & R Direktor Ralph Peer, der von Roba und dem Trio begeistert war, schon die nächsten Aufnahmen geplant. Das war im Dezember 1924, als Roba dann die Titel ‘Little Frankie‘ (Original: Frankie and Johnny) zu dem sie einen eigenen Text geschrieben hatte:
“Frankie woke up one morning,
She heard old Rover bark,
I bet you half a hundred,
Poor Alvin´s in the dark.“
Die Ermordung beschrieb sie dann in ziemlich blutigen Details und Frankie wurde angeklagt aber für Nicht Schuldig befunden. Der Text ging dann weiter:
“And when they tried little Frankie,
They plaged her on the stand,
Say´s „Frankie, you´re a free woman,
Go kill you another man.“

Die zweite Aufnahme war ein alter Blues-Song mit dem Titel
“All night long“. Auch den Text zu dem dritten Song hatte Roba den regionalen Gegebenheiten und Personen angeglichen es war ‘Railroad Bill‘.
Also, gegen Mitte 1925 stand es fest, das Roba, obwohl sie noch so jung war, als Erste Country-Music Sängerin bezeichnet werden konnte und OKEH Record´s benutzte ihr Foto in allen Veröffentlichungen und in ihrem Katalog. Und Roba erweckte auch das Interesse eines damals schon sehr populären Sängers, der bereits seit 1922 für OKEH Aufnahmen gemacht hatte, Henry Whitter.
Er war damals nicht nur ein sehr populärer Sänger, er war auch der Erste, der eine authentische Version des Klassikers ‘The Wreck oft he Old 97‘ aufgenommen hat. Er hatte im OKEH Studio in Winston-Salem ein Photo von Roba gesehen und war allein von ihrem Aussehen beeindruckt. So schrieb er an Roba´s Vater, ob er nicht zusammen mit dem Trio auftreten könnne. ‘Rob‘ schrieb ihm positiv zurück und so machte sich Henry auf den Weg nach Dacula.
So vervollständigte er das Trio zum Quartett und war dann auch auf Roba´s letzten beiden Aufnahmen vom Juli 1925 zu hören.
‘Old Maid Blues‘ und ‘Single Life‘ waren die beiden Titel die in dieser Session aufgenommen wurden und der Song ‘Single Life‘ sollte wohl Roba´s “Meisterstück“ werden. Es war nicht nur ihr eigener Song, sondern eine ziemlich lange Geschichte (6 Strophen + jeweils der Refrain) und zeigte, das Roba eine Naturbegabung als Songwriterin war! ‘Single Life‘ wurde drei Monate später, im Oktober 1925, veröffentlicht.
Da war sie aber bereits – ganz im Gegensatz zu dem Refrain, den sie geschrieben hatte, verheiratet und verschwunden!
Im Refrain hieß es:
‘Single life is a happy life,
Single life is lovely,
I am single and no man´s wife,
And no man shall controle me.‘
Entsprechend zum Refrain waren die Strophen und so war dieser Song – wenn auch vielleicht nicht (?) – das Erste – Zeugnis von Frauenemanzipation – aber zumindest in der Countrymusic! (Text ist im Internet zu finden.)
Erst 1977 fand man heraus, nachdem man lange Zeit geglaubt hatte, sie sei verstorben, das sie noch am Leben war.
Aber, das sie inzwischen eine derartige Bedeutung für die Country-Music bekommen hatte, war ihr gar nicht bewußt.
So emanzipiert, wie sie in ihrem Text zu ‘Single Girl‘ gewesen war,
war sie dann im richtigen Leben nicht gewesen! Sie hatte die Musik aufgegeben, weil es ihrem Mann nicht paßte, daß sie öffentlich auftrat und Musik machte! Welch eine Tragik – und was hätte aus ihr noch werden können? ! ?
Aber immerhin kam sie noch nach Nashville, konnte eine Führung durch die Country Music Hall of Fame machen und wurde auf der Bühne der Grand Ole Opry von einem begeistertem Publikum geehrt!