Polly Jenkins
geb. 06. Mai 1903 – gest. 17. Okt. 1983
Polly war die Erste, die aus der bisherigen Vaudeville * Szene in
das Country-Genre überwechselte.
*Vaudeville = ein Genre des US-amerikanischen (vor Allem New Yorker) Unterhaltungs-Theaters seit etwa 1860, das gegen 1900
am populärsten war. So entstanden die Music-Halls nach 1850 in
denen jene neuartigen, lose Folgen von Musik~, Tanz~ und Akrobatiknummern übergehen, die das amerikanische Vaudeville charakterisiert.
Dabei darf man nicht verwechseln, was schon vor und auch zu dieser Zeit, in den Saloon´s im “Wilden Westen“ üblich war.
Das waren keine Country-Sängerinnen, die dort auftraten, das war auch kein Vaudeville. Das waren mehr oder weniger ‘Barsängerinnen‘, bei denen es nicht so sehr auf die Stimme, als auf das Aussehen (viel Haut) ankam.
Polly war die Erste und bald schon folgten Weitere, wie:
Patsy Montana, Texas Ruby, The Girls oft he Golden West,
Lulu Bell Wiseman und Weitere, die das neue Medium RADIO und etwas später dann die Schallplatten nutzten.
Polly Jenkins hieß eigentlich Mary Zoller und wurde am 06. Mai 1903 in Mohawk bei New York geboren.
Schon ihre Eltern liebten Musik, hatten selber aber keine Gelegenheit, das beruflich auszuleben. Sie waren aber offensichtlich finanziell in der Lage, ihrer Tochter das zu ermöglichen, als sie eines Tages zielgerichtet verkündete, sie bräuchte ein Klavier. Für sie war es ‘selbstverständlich‘, daß ihre Eltern ihr den Wunsch ermöglichten, da sie ja Musikerin werden wollte!
[man stelle sich das mal vor – eine Neunjährige zu dem Zeitpunkt
– 1912 – mit dem Wunsch und den Vorstellungen!]
Aber sie bekam das Instrument und nahm Klavierunterricht. Sie war
noch ein Kind, als sie ihren ersten Auftritt in einem Theater hatte, zu dem sie ihr Vater mit einem ‘Farmwagen‘ hinfuhr! Ihre Gage für den Auftritt betrug
$ 1.50.
Als Teenager, also nur wenige Jahre später, begann sie in einem Kino
in Ilion, wo sie jetzt lebte, zu Stummfilmen Klavier zu spielen. Etwas später kam dann noch ein Xylophon dazu und sie begann in der Vaudeville – Szene quasi von ‘Küste zu Küste‘ herum zu reisen und aufzutreten.
Dabei lernte sie einen Musiker kennen, der schon eine ziemliche Karriere aufweisen konnte, Erlau Wilcox, der fast 30 Jahre älter als sie war und der auch aus Ilion stammte.
Zu dieser Zeit hatte Mary Zoller sich den Künstlernamen Polly Jenkins zugelegt und die Beiden begannen als ‘Polly and Uncle Dan‘ ein Morgenprogramm am Sender WIBX in Utica, New York.
Unter den Instrument – Novitäten, die sie benutzten waren auch Alarm – Glocken, mit denen die sie die Radio – Hörer gewissermaßen ‘aufzuweckten‘.
Die nächste Station war der Sender WCAU in Philadelphia und dort traten sie unter dem Namen Polly Jenkins and Her Plowboys auf.
Polly´s erster dokumentierter Auftritt war [eine Notiz im Billboard Magazin für die Woche vom 29. September bis 05. Oktober 1934]
Polly Jenkins & Ploughboys, wobei die Schreibweisen variabel waren. Später traten sie dann als Polly Jenkins and Her Pals (oder Musical Pals) auf. Zusätzlich zu den Auftritten mit der eigenen Gruppe trat sie während der 30iger Jahre auch mit anderen Gruppen auf, darunter mit ‘Otto Gray and his Oklahoma Cowboys‘ , einer der bekanntesten
‘Western Gruppen‘ in den 20iger und 30iger Jahren. Zur gleichen Zeit, als Polly teilweise mit dieser Gruppe unterwegs war, war auch Benjamin Francis ‘Whitey‘ Ford, der später als Duke of Padua bekannt wurde, Mitglied der Tournee.
Polly, Uncle Dan und Sterling Silver, der sich auch als ‘Buster‘ bezeichnete, arbeiteten bei diversen WLS (Chicago) Road Shows durch fast den ganzen Mittleren Westen (der Landstreifen südlich von Chicago bis etwa Memphis), während der Saison 1935-36.
Eine Gruppe von WLS-National Barn Dance Artisten, darunter die Arkansas Woodchoppers, Red Foley, George Goebel und auch Gene Autry, der gerade seinen 5. Film in Hollywood (siehe kleines Plakat) beendet hatte, waren auch in diesen Shows zu sehen und zu hören.
Zu der Zeit hatten Polly und Uncle Dan sich eine veritable Anzahl an
Novelty Instrumenten zugelegt, die sie bei ihren Auftritten zum Einsatz brachten. Etwa 1940 bestand die Gruppe aus Polly (Klavier, Akkordeon, Xylophon, Gitarre und diverse unkonventionelle Instrumenten), Uncle Dan (Klavier, Xylophon, Mundharmonika und weitere), Walter Lewis (Kontrabass) Jimmy ‘Deacon‘ Ames (Fiddle) und Cliff Japhet (Gitarre). Diese diversen ‘unkonventionellen Instrumente‘ darunter Glocken verschiedenster Art, will ich nicht weiter beschreiben. Das müßte und kann man sich sogar anhören
(es gibt z.B. auf YouTube diverse Klangbeispiele von den Beiden aus den 40iger Jahren).
Polly Jenkins musikalische Aktivitäten beschränkten sich nicht nur auf ihre Show-Auftritte, sie schrieb Songs: [‘Little Captain‘, ‘They Drafted Zeke from the Mountains‘,‘ The Kid With the Guitar‘ ( ein sentimentaler Kriegs-Song, geschrieben während des II. Weltkriegs) ‘Why Did We Say Goodbye?‘, ‘Sealed With A Kiss‘ (typische Hillbilly Love Songs)], nahm Schallplatten auf und wirkte in einem Film mit.
Außerdem veröffentlichte sie zwei Notenbücher – 1937 „Heart Throbs oft he Hills“ und 1940 „Songs oft he Mountains and Prairies“.
Aber auf den Film, da möchte ich doch etwas näher eingehen. Das war 1938 und der Hauptakteur in dem Film: ‘The Man From Music Mountain‘ war kein Geringerer als Gene Autry, der in dem Film den Song ‘Good Bye Pinto‘ singt, während Polly ihn auf dem Akkordeon begleitet. Bereits im Frühling 1948 machte die Firma ‘Cowboy Platters‘ im ‘Billboard Magazin‘ Reklame, das schon bald eine neue Band Aufnahmen herausbringen würde:‘ Polly Jenkins and Her Musical Pals spotting Texas Rose, yodeler‘. Diese Platten wurden dann auch etwas später im Jahr als Cowboy 801 und Cowboy 802 veröffentlicht. Nummer 801 enthielt ‘I´m Gonna Straddle My Saddle‘ gesungen von Texas Rose und die Rückseite ‘Sealed With A Kiss‘, ein Duett zwischen Polly und Texas Rose. Auf Nummer 802 waren ‘In My Shanty Down in Ypsilanti‘ und ‘LET´S Stop Feudin‘ beide gesungen von einer Sarah Jane.
Noch während des II. Weltkriegs wurden Polly und ihre Gruppe Teil des USO – Entertainment Units. Zu der Zeit bestand die Gruppe aber nur noch aus Polly, Uncle Dan und Texas Rose und wurde als
‘ Polly Jenkins and her Pals‘ angekündigt. Als dann der Krieg beendet war, kam auch der Abschied für Polly und ihre kleine Gruppe. Das USO-Abschiedskonzert fand in Eureka, California statt.
Jetzt waren die drei wieder als Vaudeville Act unterwegs bis sie am
4. Mai 1949 vor dem endgültigen Aus standen. Polly und Uncle Dan sollten in Springfield, Massachusetts auftreten, als Uncle Dan einen Herzinfarkt erlitt. Zu der Zeit war er gerade mal 62 Jahre alt.
Das war zwar das Ende der Gruppe, aber nicht das Ende von Polly´s Karriere. Sie kehrte zunächst nach Ilion, New York zurück, wo sie weiterhin als Interpretin tätig war und auch Privatunterricht in Piano und Akkordeon erteilte. Sie spielte aber auch mit einem professionellem Banjospieler aus einem Nachbarort als Duo – meist in Altersheimen, Krankenhäusern oder anderen sozialen Einrichtungen – wobei sie gratis auftraten.
Wie ihre Nichte Mary LaPoint mitteilte, war Polly quasi bis zu ihrem Tod am 17. Oktober 1983 immer noch irgendwie musikalisch tätig. Polly war 80 Jahre und 6 Monate alt, als sie für immer die Bühne verlassen hat. Sie starb im Mohawk Valley General Hospital im Staat New York.
Und – zu der Zeit, da wußte fast kein Mensch mehr, was überhaupt Vaudeville bedeutet hatte, ja – es war ja auch schon über 30 Jahre her, daß Billboard die Sparte Vaudeville und die Auftritte solcher ‘troupers‘ wie sie Polly Jenkins geleitet hatte, aus ihren Berichten herausgenommen hatte.
Die ‘Neue Generation‘ kannte nur noch Radio und TV, oder die Kino´s als Unterhaltung.
[und wie Unterhaltung Heute aussieht, wißt Ihr ja selber.]
Dieter Mühlena