Am Altersdurchschnitt der in langen Schlangen vor der Kölner Lanxess Arena anstehenden Buchhalter & Verkäuferinnen, Alt-Rocker und ewig Junggebliebenen, konnte man schon sehen, dass es an diesem Dienstag Abend wohl eher keine Boy Band auf der Bühne zu sehen gab. Ihr mit großer Wahrscheinlichkeit letzter Trip nach Europa brachte die legendären Eagles auf Ihrer Deutschland-Tournee auch an den Rhein. Und bereits in seiner allerersten Ansage liess Don Henley, eines der verbliebenen Gründungsmitglieder, das Kölner Publikum wissen, dass es noch nie so schön gewesen sein, so weit weg von zuhause zu sein. Auch das Publikum zeigte sowohl mit frenetischem Jubel bei “Take it easy” und “Heartache tonight” oder mit absoluter Stille bei Songs wie “Love will keep us alive” oder “Take it to the limit”, dass sich die Eagles am 28. Mai 2019 in jedes der ca. 14.000 Herzen gesungen und bei vielen an der Spitzenposition der “Best Concerts ever” verewigt haben.
Schon mit seiner Einführung in den Abend entlockte Don Henley dem Publikum ein lautes “Oooh”, versprach er doch zweieinhalb Stunden Programm, um wenig später von allen Fans ein ebenso lautes Lachen zurückzubekommen, als er zugeben musste, dass dies im Alter der meisten Band-Mitglieder – und ohne Vorgruppe – schon eine Herausforderung sei. Ganz ehrlich? Don Henley selbst, der Ende Juni bereits seinen 72. Geburtstag feiern wird, geht locker für Ende 50 durch. Joe Walsh hingegen sieht man die 71 Jahre jedoch auch aus der Ferne an. Allerdings konnte ich es bei der Power und der absolut perfekten Qualität, die von der Bühne kam, kaum glauben, dass dort insgesamt 368 Jahre Musik-Erfahrung standen (die Begleitmusiker nicht mitgerechnet). Dieser Erfahrung ist es wohl auch zu verdanken, dass nach dem Ausscheiden von Don Felder im Jahr 2001 und dem tragischen Tod von Glenn Frey in 2016 zwar zunächst das Ende der Band verkündet wurde, dann jedoch mit Deacon Frey, dem mittlerweile 26-jährigen Sohn von Glenn Frey, ein neues Bandmitglied gefunden wurde.
Deacon klingt zwar nicht wie sein Vater, aber seine Stimme passt bestens zu vielen Eagles-Songs, was er in Köln z.B. mit “Peaceful easy feeling” und “Already gone” bewies. Zur Freude aller Country-Fans ist
Vince Gill mittlerweile ebenfalls fester Bestandteil der Eagles und servierte in Köln die eher country-lastigen Eagles-Titel wie “Tequila Sunrise”, “New kid in town” und “Lyin’ eyes”, aber mit “Don’t let our love start slipping away” auch einen Song aus seinem eigenen Programm. Ab diesem Moment konnte man sich dann auch sicher sein, dass natürlich auch noch ein Titel aus dem Solo-Repertoire von Don Henley folgen würde – “The boys of summer” liess auch nicht lange auf sich warten.
Alles in allem werde ich mich wohl noch sehr lange an diesen tollen Abend erinnern, der mit allen erwarteten “Evergreens” zum Mitsingen, etlichen tollen Gitarren-Soli von Joe Walsh (71) & Steuart Smith (67) sowie mit teilweise schon sehr jazzigen Einlagen einer 5-köpfigen Bläser-Sektion gespickt war. Kurz vor Feierabend durfte “Hotel California” – in Köln mit einem mexikanischen Trompeten-Intro versehen – natürlich nicht fehlen.
Und als ich danach noch die berühmten Piano-Klänge hörte, mit denen “Desperado” beginnt, hätte ich schwören können, dass dies die absolut letzte Zugabe wäre. Aber die Eagles belehrten mich und viele andere Fans eines Besseren und verabschiedeten uns alle mit dem Hinweis von Don Henley, dass der nun folgende Song die erste Nummer-1-Single aus der Feder von seinem verstorbenen Freund Glenn Frey und ihm war. “Best of my love” liess die Lanxess Arena noch mehrere Minuten lang nach noch einer weiteren Zugabe klatschen, bis die unerbittliche Hallenbeleuchtung dem Abend gegen 22:40 Uhr jäh ein Ende setzte.
Mein Fazit: Die “alten Männer” haben den meisten jüngeren Bands auf der Europäischen (nicht nur Country) Szene gezeigt, wo der musikalische Hammer hängt. Und: Ich bin jetzt bereits neidisch auf all diejenigen, die einen grandiosen Abend mit den Eagles noch vor sich haben, wie z.B. am Donnerstag in München – oder später im Juni in Amsterdam, Zürich, Kopenhagen, London und anderen Locations in Großbritannien, Irland und Schweden.
Bei meinen Fotos habe ich übrigens zwangsweise etwas “geschummelt”, denn die Plätze in den ersten Reihen überstiegen mit bis zu 400 Euro pro Ticket eindeutig mein Budget. Aber ich kann – glaube ich – meiner kleinen Jackentaschen-Kamera auf die Schultern klopfen, dass sie aus etlicher Entfernung zur Bühne (schätzungsweise 50-60 m Länge und 30 m Höhe) einigermaßen brauchbare Videos gezaubert hat, aus denen sich die hier zu sehenden Snapshots (hauptsächlich von der Leinwand neben der Bühne) ergaben. (Anm. d. Redaktion: Schöne Fotos!!)
Bericht & Fotos: Marion Freier
Titelbild: Dieter Schmidt