Gelegentlich schweifen wir mal von der geliebten Country Music ab in musikalische Genres, die nicht so weit entfernt sind. Dazu zählt jene ursprüngliche Blues Music, wie sie vor 100 Jahren in Mississippi und Louisiana entstand und die meist ausschließlich auf Akustikgitarren gespielt wurde. Experten sprechen hier vom Country-Blues, im Gegensatz zum später in Chicago praktizierten elektrischen Blues, bei dem E-Gitarren zum Einsatz kamen.
Einen der prominentesten Vertreter, den in New York geborenen Josh White jr. konnten wir am 22. Januar im Orpheum in Nürnberg live erleben. Josh lebt seit 40 Jahren in Michigan, doch „einmal New Yorker – immer New Yorker“, grinste er bei einem Gespräch an der Bar. Sein Vater Josh White sen. war ebenfalls Musiker. Geboren ist Josh jr. 1940 und seine Taufpaten waren der damalige Präsident Roosevelt und dessen Gattin. Seine mittlerweile 81 Jahre merkt man ihm nicht an, im Gegenteil: er wirkt quicklebendig, ist sympathisch und charmant.
Begleitet wurde Mr. White von dem in Dänemark lebenden Engländer Richard Smerin, der lange als Straßenmusiker unterwegs war seit vielen Jahren oft nach Nürnberg kommt. Man kennt und schätzt ihn hier. Mit Größen wie Bob Dylan, Carlos Santana oder Joan Baez stand Richard schon auf der Bühne. Ein Glücksfall war, dass auch die Nürnberger Blues-Legende Klaus Brandl an diesem Abend Zeit hatte und die beiden bei etlichen Songs begleitete.
Was wir bei diesem Konzert erlebten, war akustische Roots- und Blues-Music vom Feinsten. Da flossen alle Arten von Ragtime, Gospel und Folk Music ein. Josh White senior war ein Freund von Folk-Sänger Pete Seeger, so kam es, dass Seeger oft auf den kleinen Josh White junior aufpasste, wenn dessen Vater Konzerte spielte. Daher waren Josh junior und Pete auch über 50 Jahre gute Freunde (Pete Seeger starb 2014 mit 94 Jahren) und Josh hält Pete´s Folksongs bis heute in Ehren.
Die meisten Songs dieses Abends kennt man hierzulande kaum, doch ein paar Klassiker waren dann doch dabei, z.B. „House Of The Rising Sun“, „St. James Infirmary“ oder „He Was A Friend Of Mine“, letzteres kennen wir von Bob Dylan sowie den Byrds. Dieser Song wird ja auch in Franken gern auf einschlägigen Veranstaltungen gern gesungen („Er wor a Freind vo´ mir…“). Sonderapplaus gab´s immer, wenn Klaus Brandl eine herrliche Melodie zu den Songs improvisierte und das beherrscht er wie kaum ein anderer.
Gab es an dem Abend auch Country zu hören? In der Tat: Josh White liebt die Musik von Garth Brooks und sang „We Shall Be Free“, einen Hit von 1992. Und dann kam, was kommen musste: Pete Seeger´s größter Hit „Where Have All The Flowers Gone“. Richard Smerin war in der Vergangenheit vom hiesigen Publikum immer wieder gebeten worden, es auf deutsch zu singen. Die Jungs trugen den Titel zwar erst im Original vor, doch dann mit kräftiger Unterstützung des Publikums tatsächlich in der Version von Marlene Dietrich: „Sag mir wo die Blumen sind“.
Zum krönenden Abschluss dieses stimmungsvollen Abends schnappte sich Josh noch mal die Gitarre, schlenderte durch den Saal und sang unplugged. Schöner kann man ein Konzert nicht beenden.