“Black Patti” – Konzert in Kammerstein

Es war die letzte Gelegenheit, nochmal handgemachte Live-Musik zu erleben, zumindest für die nächsten Wochen. ;(
Uschi Heuback vom „Atelier und Kunstraum“ im mittelfränkischen Kammerstein (nahe Schwabach) präsentierte uns im Saal des Bürgerhauses ein Duo der besonderen Art. An gleicher Stelle hatten wir zwei Wochen zuvor ein faszinierendes Konzert von Wolfgang Kalb erlebt, der auf den akustischen Country-Blues der Zwanziger Jahre spezialisiert ist.

Am 28.10.2020 erlebten wir nun ein Duo, das den Bogen deutlich weiter spannt. Peter Crow C und sein Partner Ferdinand „Jelli Roll“ Kraemer sind im Raum München zuhause und spielen akustische Roots- und Blues-Music vom Feinsten. Die beiden sind schon auf allen internationalen Blues-Festivals in Europa aufgetreten und werden hin und wieder auch in die USA eingeladen, wo es eine respektable Fangemeinde dieser Musikstile gibt.
Respekt: seit 2011 musizieren sie schon zusammen, dabei ist Ferdinand gerade mal 30 Jahre alt. Zumeist sind es Eigenkompositionen, die auf dem Blues der 20er und 30er Jahre beruhen und dabei nahezu alle Stilrichtungen, wie Work-Songs, Spirituals, Country-Blues und Ragtime einfließen lassen.

Zum Einsatz kommen neben der Mundharmonika drei verschiedene Dobro-Gitarren mit Metall-Korpus auf denen geschickt mit Fingerpicking und Bottleneck gearbeitet wird. Nur wenige wissen, dass Blues-Musiker früher auch gern eine Mandoline benutzt haben; das gibt es heute nur noch selten, doch Ferdinand Kraemer hart diese Idee aufgegriffen. Er spielt neben der klassischen Mandoline, wie sie auch beim Bluegrass verwendet wird, auch eine etwas größere Mandola und dieses seltene Instrument ist, man glaubt es kaum, Baujahr 1918!

Wo der Name Black Patti herstammt? So hieß ein Plattenlabel in den 30er Jahren, das nicht sehr erfolgreich war und nach wenigen Jahren den Betrieb wieder einstellte. Man presste die Musik ja damals noch auf die zerbrechlichen Schellack-Platten, weil die Kunststoff-Technik, mit der man später die uns bekannten Schallplatten herstellte, noch nicht verfügbar war. Die raren Schelllack-Platten, die noch erhalten sind, sind heute bei Sammlern heiß begehrt. Dass Ragtime-Musik recht schwungvoll ist, wissen wir, doch das können Spirituals auch sein, wie der Titel „Every Day Will Be Sunday On The Other Side“ beweist. Country-Fans hätten dazu augenblicklich einen flotten 16Step aufs Parkett gelegt, wie überhaupt gut die Hälfte des Programms aus recht fetzigen Nummern besteht, zu denen auch den Tänzern aus der Country-Szene einiges eingefallen wäre. Da erklingt dann mit „I Saw The Light“ auch mal ein Gospel-Klassiker, wie ihn schon zahllose Country- und Bluegrass-Künstler gespielt haben.
Auch Musik des legendären Ry Cooder kommt hier mal zu Ehren.

Auch der Gesang der beiden ist beeindruckend. Dabei klingt der zweistimmige Gesang nicht immer ganz harmonisch, doch das soll so sein. Blues soll ja nicht zu „schön“ klingen, sondern in erster Linie das etwas schwermütige Lebensgefühl der Schwarzen aus den Südstaaten vermitteln. Aber die Jungs können noch weit mehr: einen selbst geschriebenen Hillbilly-Song, der klingt als stamme er geradewegs aus den Appalachen und eine Country-Ballade namens „A Little Bit Friday“. Die könnte glatt aus der Feder von Zac Brown sein, ist aber von Black Patti.

Den schönsten Song „Going Home“ haben sie sich für den Schluss dieses stimmungsvollen Abends aufgehoben. Die Süddeutsche Zeitung brachte es mal auf den Punkt: „Sie bringen dieses Unwiderstehliche des Blues auf den Punkt, diese Töne, die sofort unter die Oberfläche gehen und sich ihren Weg gnadenlos zum Herzen bahnen.“ Black Patti sind die Einzigen hierzulande, die das ganze Spektrum der American Roots Music derart umfassend vereinen.