14. Internationales Bluegrass-Festival Birkenried

Das ist unglaublich: schon zum vierzehnten Mal veranstalteten die Country- und Western-Friends Kötz 1982 e.V. ihr beliebtes Bluegrass-Festival im stimmungsvollen Kulturgewächshaus Birkenried, nahe Günzburg gelegen. Für den Fan dieser Musik zählt diese Veranstaltung zweifelsohne zu den Highlights in Europa. In der Tat reisen da auch Gäste aus dem benachbarten Ausland an. Etwa 120 Gäste können da in gemütlicher Atmosphäre ein unterhaltsames Wochenende verbringen. Einmal mehr hatte man es verstanden, uns ein sehr abwechslungsreiches Kontrastprogramm zu kredenzen.

Am Freitag um 19:30 Uhr begrüßte Peter Wroblewski, Vorsitzender der Country- und Western-Friends Kötz, das Publikum und kündigte die erste Band an, das war das Quintett Bunch of Grass, gegründet vor zwei Jahren von dem Schwabacher Gitarristen, Sänger und Songschreiber Markus Rapke. Mit der in Freiburg lebenden Susanne Sievers steht ihm eine exzellente Fiddlerin zur Seite. Bernd Müller am Kontrabass bleibt gern im Hintergrund, doch so für zwei bis drei Songs kommt er auch mal ans Mikro und beweist, dass er auch ein guter Sänger ist. Jesper Rübner-Petersen an der Mandoline stammt aus Dänemark und hat sich im Memmingen niedergelassen. Den weitesten Weg hat Steffen Thede aus Bielefeld, der trotz seines jungen Alters schon zu den versiertesten Banjospielern im Lande zählt. Die fünf operieren klassisch mit einem Zentralo und optimieren den Sound ständig aufs Neue, indem sie geschickt mit der Dynamik arbeiten. Der zweistimmige, ja manchmal dreistimmige Gesang hat uns immer wieder beeindruckt. Das Repertoire besteht zumeist aus Bluegrass-Klassikern, die man geschickt neu aufpoliert hat. Das sind aber nicht die, die jeder kennt, sondern eher solche, die man hierzulande selten oder nie gehört hat. „Dance With Me Molly“ im Dreivierteltakt ist so ein schönes Beispiel. Aber die Band hat durchaus eigene gelungene Werke im Programm. Der Beifall war enorm.

Zweiter Act am Freitag war Bluegrass Cash, da sagt und bereits der Bandname, was die vier Herren aus dem Raum Köln sich vorgenommen haben: sie interpretieren Songs, die Johnny Cash mal gesungen hat (auch solche, die er gecovert hat), geschickt im Bluegrass-Sound. Gegründet hat sie der Niederländer Martin Voogd. Seine Kollegen sind Paul Bremen (Geige, Bratsche, Mandoline), Rainer Diekamp (Kontrabass) sowie der bereits bei Bunch of Grass aktive Steffen Thede (Banjo). Das ganze ist unglaublich schön gemacht und man kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus, wie toll die Songs im Bluegrass-Stil klingen. Da waren sogar Titel dabei, die man auf Anhieb gar nicht Johnny Cash zugeordnet hätte, etwa „Six Days On The Road“ oder „City Of New Orleans“. Das Publikum hatte sichtlich Spaß an dieser gelungenen Darbietung.

Jede der beiden Bands spielte zwei Sets im Wechsel und zum Schluss fanden alle acht Musiker sich noch zu einer finalen Session zusammen. Bei so einer Gelegenheit werden in der Regel Gospel-Klassiker zelebriert, die jeder kennt. Gegen Mitternacht machten wir uns mit fröhlichem Gesicht auf den Weg zum Nachtquartier.

Am Samstag öffnete das Gewächshaus bereits um 17 Uhr seine Türen, denn da stehen immer drei Auftritte auf dem Programm. Vorher gab es noch ein unterhaltsames Programm mit Country Music im Café nebenan. Opener am Abend war Caludo, ein Trio, bei dem als Herkunft die Schweiz angegeben ist. Allerdings ist nur Vincent Zurkinden (Kontrabass) ein echter Schweizer. Catie Joe Pidel (Fiddle) stammt aus Minneapolis und lebt in der Schweiz. Gitarrist Stefan Behler stammt aus Norddeutschland und ihn kannten die Fans gut, war er doch schon 2014 mit der Schweizer Band Mala & Fyrmoon in Birkenried zu Gast. Eigentlich ist die Musik von Caludo eher Folk als Bluegrass: Sie spielen American Folk mit einer Prise Bluegrass-Drive. Gelegentlich gibt’s auch mal irische Jigs und Reels zu hören, und auch Songs auf deutsch! Das Besondere: alle Titel stammen aus ihrer eigenen Feder. Nicht alles ist sofort eingängig, doch je länger man zuhört, umso besser klingt´s. Zur Eröffnung des Abends hätte man keine bessere Wahl treffen können.

Es folgte das Quartet Nugget aus Österreich. Bereits 1977 soll Helmut Mitteregger (Mandoline) diese Band gegründet haben, damals wahrscheinlich eine Schülerband. Seine Ehefrau Katarina (E-Bass) ist in der Slowakei geboren, er hat sie seinerzeit von einer dortigen Band abgeworben. Die Gitarre spielt der Niederländer Ralph Schut und am Banjo finden wir Jarda Jahoda, geboren in Prag, der zu den Besten in Europa zählt. Diese vier gutgelaunten Leute präsentierten uns klassischen Bluegrass wie aus dem Lehrbuch, jedoch alles geschickt modernisiert. Von „San Antonio Rose“, Western Swing also, bis zu einem aktuellen Country-Titel „Still Loving You“ von den Common Linnets (NL) reicht das vielseitige Repertoire. Dazu ein paar Country-Klassiker, gekonnt auf Bluegrass umgearbeitet, das ganze Programm macht viel Spaß und sorgt für gute Laune, unterstützt durch Helmut´s humorvolle Art, durch das Programm zu führen. Virtuose Soli und toller Gesang, einmal sogar a-capella, was will man mehr?

Headliner am Samstag war die Coral Creek Sting Band aus Colorado (USA). Bandgründer Chris Thompson lebt ganz bewusst in der Stadt Golden in Colorado, weil es in den Rocky Mountains sehr schön ist und weil nirgends mehr Bluegrass gespielt wird als dort in Colorado. Seine Bandkollegen auf dieser Tour sind Matt Thomas (Kontrabass), Allie Kral (Fiddle) und Justin Conrad (Dobro). Letzterer hat unlängst einen Dobro-Contest gewonnen, zählt also zu den besten auf diesem sensiblen Instrument. Alle vier sind exzellente Spezialisten auf ihren Instrumenten und der dreistimmige Gesang ist ein Genuss für die Ohren. Chris Thompson trägt mit seiner sanften, weichen Stimme die meisten Titel solo vor. Da sind eine ganze Reihe schöner Eigenkompositionen dabei, in denen er zumeist die Schönheiten seiner Heimat würdigt, aber auch Coversongs von Flatt & Scruggs, Peter Rowan oder Merle Haggard. Mal klingt es wehmütig, dann aber auch recht furios. Sie verstehen es meisterhaft, aus einem Song, der eigentlich nur zwei Akkorde benötigt, eine wahre Symphonie zu machen. Der Beifall für alle drei Bands war enorm, wie nicht anders zu erwarten. Er steigerte sich noch mehr bei der abschließenden Session mit Mitgliedern aller drei Bands.

 

Am Sonntagvormittag gab es dann den obligatorischen Gottesdienst und einen anschließenden Weißwurstfrühschoppen mit Musik von Nugget. Ab 14 Uhr stand noch eine Matinee an: die Coral Creek Sting Band brachte noch in weiteren zwei Sets viele schone Songs zu Gehör. „Comes A Time“ von Neil Young ist wohl einer der besten Folksongs überhaupt.  Die Version der Coral Creek Sting Band ist die schönste, die wir je gehört haben.

Wir verbrachten erneut ein herrliches Wochenende in tollem Ambiente. Vergessen wir auch nicht, den Tontechniker Martin zu loben, der für den hervorragenden Sound an allen drei Tagen verantwortlich war. Wir bedanken uns bei Peter Wroblewski und seinem gesamten Team. Hoffen wir, dass diese Veranstaltung noch viele Jahre stattfinden kann.