Folk Music auf dem Bahnsteig mit den Matching Ties

Die Nebenstrecke von Georgensgmünd nach Spalt im südlichen Mittelfranken wurde von 1872 bis 1995 von Zügen befahren, danach legte die Bahn die Strecke still und der ‚Spalter Bockl‘, wie man den Zug nannte, wanderte ins Museum. Auf der Trasse befindet sich heute ein Radweg.
Doch die Spalter wollten ihren Bahnhof behalten und richteten dort einen Veranstaltungsort ein.
Bei schlechtem Wetter werden bisweilen Konzerte in kleineren Rahmen im ehemaligen Wartesaal abgehalten.
Viel schöner sind freilich die Open-Air-Konzerte auf dem Spalter Kulturbahnhof. Ein 50 Meter langes Stück vom Gleis 1 blieb erhalten, auf dem steht ein offener Güterwagen, der als Bühne für die Bands dient. Die Gäste nehmen in diesem Fall an Bierzeltgarnituren auf dem Bahnsteig Platz.
Einen schöneren Rahmen für ein Konzert gibt es eigentlich nicht.

Am 25.05.2019 hatten wir das Vergnügen, dort eine herrliche Folk-Music-Night zu erleben. Die Akteure auf dem Güterwagen kennt man gut in der Region.
Anfang der 80er Jahre waren Paul Stowe (aus Salt Lake City) und Trevor Morriss (aus London) Mitglied der Band Kentucky Bluefield, zusammen mit Banjo-Legende Rüdiger Helbig.
1986 machten sich die beiden, im Raum Rosenheim beheimatet, als Duo selbständig und nannten sich „The Matching Ties“ (zu deutsch: zusammenpassende Krawatten).
Zu ihrem Leidwesen müssen sie seither immer mit Schlips auftreten. Nicht immer spielen Paul (Gitarre, Gesang) und Trevor (Mandoline, Bouzouki, Gesang) als Duo; man kann die aus als Trio, Quartett oder sogar Quintett buchen und mit der Fülle an Instrumenten präsentieren sie dann natürlich einen noch interessanteren Klang.

Wir erlebten einen höchst unterhaltsamen Querschnitt durch alle Sparten der irisch-schottischen, aber auch amerikanischen Folk-Music bis hin zu etwas Bluegrass und Country, vorgetragen mit zwei- und dreistimmigem Gesang.
Ein Glücksgriff für die Band ist zweifellos der Ire Peter Corbett (Fiddle), der seit langem in Franken wohnt. Ein paar Jahre lang war nun auch die charmante Italienerin Jessica Lombardi (Querflöte) mit von der Partie, doch sie geht in Kürze in ihre Heimat in der Toskana zurück.
Der designierte Nachfolger Dennis Bowers, der neben Flöte auch den irischen Dudelsack (Uillean Pipes) beherrscht, war an dem Abend ebenfalls schon dabei.
Hinzu kam dann zur Überraschung der Gäste noch ein Session-Musiker namens Jürgen Schmidt aus Fürth mit der irischen Trommel, Bodhran genannt und so erlebten wir für einige Songs eine Premiere: das Matching Ties Sextett.

Erfreulicherweise setzt uns diese Band nicht die üblichen irischen Klassiker vor, die man sonst in irischen Pubs schon viel zu oft gehört hat, sondern schöpft aus einem umfangreichen Reservoir herrlicher Songs, die man selten oder noch nie gehört hat, die aber mindestens genauso schön klingen.

Seit einiger Zeit können Konzerte auf dem Kulturbahnhof übrigens auch bei zweifelhafter Witterung draußen stattfinden, denn der Veranstalter kann das ganze Areal mit einer Zeltplane von der Größe eines Tennisplatzes vor Regen schützen.
Für das leibliche Wohl ist auch immer gesorgt und mit Guinness und Spalter Bier wurden an diesem Abend zwei der weltbesten Biersorten kredenzt.

So einen unvergesslichen Abend dürfte uns der Förderverein des Kulturbahnhofs gern öfter präsentieren.
Das freilich bringt uns auf eine Idee: könnte man hier nicht auch mal einen Abend lang Country Music spielen?
Die fränkischen Bands dürften sich freuen, in solch stilvollem Ambiente aufzutreten.